Das „Porzellanwunder aus Meißen“ kehrte für drei
Tage in die Muhme zurück

 

Die Sonderausstellung „Das kleinste Porzellanservice der Welt“ im Lößnitzer Bürgerhaus vom 19.- 21.06.2009 war ein voller Erfolg. Mehr als 2.550 verkaufte Eintrittskarten belegen die Anziehungskraft des kleinsten Kunstwerkes aus Meißener Porzellan.

In liebevoller Kleinarbeit und mit einem gesunden Optimismus in der Vorbereitung haben die Organisatoren, Lutz Walther mit seinen Mitstreitern vom Lößnitzer Heimatverein sowie das Team um Mirko Gläser von der Stadtverwaltung Lößnitz, die Ausstellung vorbereitet und sie zu einem unvergessenen Highlight des diesjährigen Salzmarkt gemacht.

Für die unmittelbar Beteiligten war es eine sehr spannende Angelegenheit als der Tag der Eröffnungsveranstaltung immer näher rückte. Das Standesamt im Lößnitzer Bürgerhaus wurde an den Tagen vorher ausgeräumt und danach mit Schauwänden und einer Vitrine bestückt. Mit Informationsmaterial über das „Kleinste Porzellanservice“ und das Auer Kaolin wurden diese dann eindrucksvoll von den Heimatfreunden gestaltet.

Da der Besitzer des kleinen Porzellanwunders, Kurt Krockenberger aus Remshalden- Grunbach bei Stuttgart auf der Fahrt zu uns mehrmals im Stau stand, kam er am Donnerstag erst rund 90 Minuten vor der Eröffnungsveranstaltung in Lößnitz an. Die Vertreter der Presse und die Organisatoren vom Heimatverein warteten schon gespannt. Als die Puppenstuben- Vitrine endlich an ihrem Platz stand, wurde im Blitzlichtgewitter „Hochzeit“ gefeiert. „Hochzeit“ deshalb, weil nach rund 40 Jahren das Porzellanservice wieder in die Original- Puppenstuben-Vitrine eingeräumt wurde. Und dass in Lößnitz, in der Muhme, wo es einst viele Jahre zu Hause war. Für alle Beteiligten war es  ein sehr emotionaler Moment und erst Tage danach wurde allen richtig bewusst, was da eigentlich passiert ist.

Ein glücklicher Umstand und viel Geduld führten dazu, dass wieder das zusammen kam, was zusammengehört. Und dass dieses noch rechtzeitig vor der Sonderausstellung gelang, ist fast ein kleines Wunder.

Als das kleine Porzellanwunder Ende der 1960er Jahre nach Westdeutschland geschmuggelt wurde, verblieb die kunstvoll verzierte und aus mehr als 1450 Teilen bestehende Puppenstuben-Vitrine bei der jüngsten Tochter von Georg Grundig.  Erika Rabenstein nämlich bewahrte sie bei sich in Pirna auf. 2002 verkaufte sie das wertvolle Stück an einen Antiquitätenhändler in Pirna. Als kurze Zeit später zufällig Herr Krockenberger davon erfuhr, reiste er sofort nach Pirna um das gute Stück anzukaufen. Aber er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht, sprich ohne den Händler. Als dieser erfuhr, in welchem Zusammenhang die Puppenstuben- Vitrine steht, war sie für ihn unverkäuflich. Auch nicht die Bemühungen von Frau Rabenstein um Rückkauf, noch die der Organisatoren vom Heimatverein brachten Erfolg. Für Alle war das sehr enttäuschend und wir hatten uns eigentlich damit abgefunden. Bis Mitte Mai der Lößnitzer Stadtrat und Mitorganisator der Ausstellung, Hans Mühlberg auf einer Urlaubsrückreise in Pirna Station machte und die Puppenstuben- Vitrine im Schaufenster des Antiquitätenhändlers stehen sah. Im Gespräch mit dem Inhaber des Geschäftes stellte sich heraus, dass er die Geschäfte von seinem Vater übernommen hat und das die Lage wohl nicht so gut sei. Durch geschickte Verhandlung gelang es Herrn Mühlberg den neuen Besitzer vom Verkauf zu überzeugen. Drei Tage später holte ein Angestellter von Kurt Krockenberger aus Remshalden- Grunbach das wertvolle Stück ab. Der Kauf war getätigt und die Puppenstuben- Vitrine wurde glücklicherweise wieder zum Service zurückgeführt. Nach dreiwöchiger Restauration konnte sie in alter Schönheit den Gästen der Ausstellung präsentiert werden.

Eigentlich ist es für Alle ein großes Glück, dass das kleine Porzellanwunder Ende der 1960er Jahre außer Landes geschafft wurde. Wäre man daran gegangen es hier bei uns wieder auszustellen oder gar zu verkaufen, hätte die damalige Staatsmacht das kleine Kunstwerk aus bekannten Gründen sofort beschlagnahmt.

Die Eröffnungsveranstaltung am Donnerstagabend mit über 70 geladenen Gästen, der Eröffnungsrede durch den Lößnitzer Bürgermeister Gotthard Troll  und Vorträgen über die Geschichte des kleinen Porzellanwunders von den Herren Krockenberger und Walther sowie des Auer Stadtchronisten Heinz Poller und des Leiters des Auer Stadtmuseums, Ralf Petermann über die Weiss- Erden- Zeche und des Auer Kaolins, waren der Auftakt der Sonderausstellung. Die Moderation übernahm in charmanter Art und Weise, verkleidet als „Vorführdame“ aus damaliger Zeit, Steffi Rathe, die Vorsitzende des Vereins „Lößnitzer Heimatfreunde“ e. V. An ihrer Seite assistierte auch als „Vorführdame“ in bewährter Manier die Lößnitzer Heimatfreundin Kerstin Viehweg.

Der Andrang an den drei Ausstellungstagen war enorm. Rund 3000 (Kinder und geladene Gäste hatten freien Eintritt) Interessierte wollten das Kunstwerk sehen. Damit hatte keiner gerechnet. Nicht nur Einheimische aller Altersgruppen zählten zu den Bewunderern, sondern auch Meissner Porzellan- Liebhaber und Sammler aus ganz Sachsen fanden den Weg nach Lößnitz. Die Ausstellung hatte sich sogar bis nach Köln herumgesprochen, denn auch von dort war ein Ehepaar angereist.

Zu den Ehrengästen zählten u. a. Frau Erika Rabenstein geb. Grundig aus Pirna, Frau Dorothea Kuhnt, welche in ihrer Kinder- und Jugendzeit bei der Fam. Grundig wie zu Hause war und auch einst das „Kleinste Porzellanservice der Welt“ mit präsentieren durfte, die Amtskollegen von unserem Bürgermeister Gotthard Troll aus dem neuen Erzgebirgskreis sowie Lutz Richter, Geschäftsführer der Manufaktur in Meissen.

Eine kleine Episode am Rande: Wohl eine der ältesten Besucherinnen, eine 86 jährige Chemnitzerin ruhte sich im Vorraum der Ausstellung auf einem Stuhl aus und erzählte dem Bürgermeister, der zufällig dabei stand, dass sie sich mit Porzellan auskenne und extra wegen der Ausstellung nach Lößnitz gefahren sei, und auch noch an einem ganz besondern Tag für sie. Auf die Frage, was denn heute für ein besonderer Tag sei, antwortete die ältere Dame im vollen Brustton der Überzeugung: heute habe ich 70 Jahre meinen Führerschein.

Rückblickend war die Ausstellung ein absoluter Höhepunkt in der Geschichte des Lößnitzer Salzmarktes und die des „Vereins Lößnitzer Heimatfreunde“e.V. Durch die beträchtliche Außenwerbung vor, während und nach dem diesjährigen Lößnitzer Salzmarkt wurde der Bekanntheitsgrad von Lößnitz und seinem alljährlichen Fest bestimmt noch erhöht.    

Wann und ob überhaupt wir das Wunderwerk Meissner Porzellankunst bei uns in Lößnitz wieder bestaunen können, liegt in den Sternen. Kurt Krockenberger, der jetzige Besitzer hat dazu seine eigene Vision. Es muss jetzt unsere Aufgabe sein, diese Vision in die Wirklichkeit umzusetzen. Packen wir es an! Vielleicht hilft uns ja wieder Glück und Geschick wie bei der Rückkehr der Puppenstuben- Vitrine und wir können einmal sagen wie es unser erzgebirgischer Volksdichter Anton Günther in seinem „Feierohmd- Lied" vor über 100 Jahren ausdrückte: … ´s gieht alles seiner Haamit zu“.

Lutz Walther, „Verein Lößnitzer Heimatfreunde“ e.V.

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